Das Projekt arbeitet mit einem historischen Exemplum - der Praxis der Staatlichen Akademie für künstlerische Forschung (GAChN) in Moskau 1921-1930. Die GAChN war ein großer interdisziplinärer Verbund von Künstlern und Forschern – gegründet von Vasilij Kandinskij und dem Kommissar für Volksbildung Anatolij Lunačarskij.
Das Korpus der Untersuchung bilden Protokolle der Diskussionen, die während der Arbeit am zentralen, unrealisierten Projekt der Akademie – der „Enzyklopädie der künstlerischer Termini“ – in großer Anzahl angefertigt wurden und die ein neuartiges Profil künstlerischer Begriffsbildung zu erkennen geben.
Bisher wurden die Protokolle als found footage eines utopischen Systemganzen der „Enzyklopädie“ missverstanden. Im Unterschied dazu werden sie hier als die genuine „innere Form“ (G. Špet) der wissenschaftlich-künstlerischen Praxis der Akademie gelesen, d.h. als eben jenes Medium zur Gewinnung und Dokumentation des Wissens der Künste, das von den nachrevolutionären Akademikern als synthetische „neue Wissenschaft“ gesucht wurde.
Das Projekt reflektiert das „Protokoll“ in seiner zeitgeschichtlichen Bedeutung als Verfahren phänomenologischer Praxis und künstlerischer Forschung. Die historische Bedeutung der überlieferten Protokolle wird neu durchdacht und zwar daraufhin, in welchem Maße sie uns eine Revision sowohl unseres Verständnisses der Akademie für künstlerische Forschung als auch unserer gegenwärtigen Forschungspraxis ermöglichen.
Künstlerische Forschung prägt auch die Arbeitsformen und Ergebnisse des Projektes. Neben einer Monographie und einem Workshop sind deshalb außerdem ein Reenactment der Diskussion zum Begriff des Theaters, und abschließend eine Ausstellung geplant.